Diesen interessanten Rückblick auf die Vergangenheit der Freiwilligen Feuerwehren in Hamburg hat uns unser Kamerad der Ehrenabteilung, Uwe Wulf, Wehrführer a.D. FF Öjendorf, aufgeschrieben. Herzlichen Dank dafür!
Für die Freiwilligen Feuerwehren war es im Jahre 1945 ein langer Weg, zu einem demokratischen Staat zu gelangen.
Alle Wehren wurden um die Jahrhundertwende gegründet. Der Aufbau verlief schleppend. Je nach der finanziellen
Lage der Dörfer um Hamburg herum, wurden die Wehren mit Löschgeräten der damaligen Zeit ausgerüstet. Nur die
reichsten Gemeinden leisteten sich eine pferdebespannte Handdruckspritze. Oft wurde diese auch durch die Spende
eines Gutsherren, oder durch mehrere wohlhabende Bauern, Handwerkern und selbständigen Kaufleuten unterstützt.
Die Mannschaften rekrutierten sich aus Turnvereinen, Handwerkern und den Söhnen der Landwirte.
So überlebten die Wehren das Kaiserreich und die Weimarer Republik. Ihre schwere Zeit begann mit der Übernahme
des dritten Reiches, als alle Feuerwehren sich dem diktatorischen System unterwerfen mussten. Wenig Begeisterung
bei vielen, die sich einer Unterwerfung nicht beugen wollten und ihre freiwilligen Aufgaben in Frage stellten.
Die Führungsposten wurden jetzt nur noch Personen übertragen, die der Partei angehörten und so ihren Einfluss auf
die Wehren gelten machten. Es wurde eine militärische Formalausbildung gefordert; auch bei parteipolitischen
Veranstaltungen war es Pflicht daran teilzunehmen.
Die Freiwilligkeit wurde somit in Frage gestellt und, viele Austritte wurden die Folgen in den ersten Jahren.
Später jedoch wurde es zum Problem. Wer seinen Austritt erklärte, hatte mit Repressalien zu rechnen, und es
wurden auch kurzfristige Festnahmen von der Macht angeordnet. Die Ausgetretenen mussten sich einer politischen
Erziehung unterwerfen. Auch die Uniformen erhielten Embleme. Das Hakenkreuz musste auf dem Helm, sowie an den
Fahrzeugen sichtbar angebracht werden.
In den darauffolgenden Jahren setzte sich eine militärische Aufrüstung in Deutschland rasant fort. Die Wehren
wurden mit der Aufgabe betraut, die Ausbildung der Bevölkerung auf den Luftschutz vorzubereiten. Sirenen wurden
in allen Städten und Dorfern installiert. Trotzdem noch Frieden war, bereitete man die Bevölkerung auf einen Krieg
vor. Bunker für die Zivilbevölkerung wurden errichtet. Sogenannte Luftschutzübungen mussten ständig wiederholt werden.
Die Wehren wurden zu großen Einheiten zusammengefasst. Politischer Unterricht wurde zum Alltag. Auch ständige
Ausbildung an den Wachen der Berufswehr wurde verstärkt. Im Jahre 1939, als Deutschland in den Krieg eintrat,
erhielten alle Löschfahrzeuge eine grau - grüne Tarnfarbe. Leider begann auch die Bewaffnung. In allen Fahrzeugen
wurden Halterungen für Gewehre eingebaut. Ungewöhnlich für Feuerwehren. Aber später, während der Luftangriffe auf
Hamburg, sollte man bei Plünderungen von der Waffe Gebrauch machen.
Ab 1941 begannen die Luftangriffe auf Hamburg. Es begann eine schwere und verlustreiche Zeit. Die Verluste waren
bei den Mannschaften am stärksten. Aber auch der Fahrzeugbestand wurde durch Bombardierung stark reduziert.
Feuerwachen waren ein beliebtes Ziel der Bomber. Hier hatten sich englische und amerikanische Angreifer einer
besonderen Taktik bedient. Die erste Angriffswelle, die Hamburg angriff, setzte ihre Bombenteppiche direkt vor
die Ausfahrt der Wachen; sodass ein Ausrücken der Löschfahrzeuge nicht möglich war.
Luftaufnahmen der Alliierten, die während der Angriffe gemacht wurden, übergab man nach dem Kriege den deutschen
Behörden, um ihre Taktik zu beweisen. Die Aufnahmen, die aus 3.000 m Höhe aufgenommen wurden, zeigten mit größter
Genauigkeit die Einschläge vor den Wachen. Für die damalige Zeit eine große Leistung.
Von Deutscher Seite musste nun schnell gehandelt werden, wenn man es verhindern wollte, dass die Löschzüge
entweder gar nicht, oder schwer geschädigt ausrücken konnten.
Man setzte ganze Feuerwehrbereitschaften zusammen. Ließ diese Einheiten, soweit bekannt, entweder vor den
Angriffen oder in den Nachtstunden in Bereitstellungsräumen abwarten, bis die Angriffe begonnen hatten, um dann
zu den Bränden, in die verschiedenen Stadtteile auszurücken. Man hatte durch diese Maßnahmen weniger Verluste an
Material und an Mannschaften. Allerdings waren die Anfahrtswege dadurch wesentlich länger, denn die
Bereitstellungsräume lagen im Sachsenwald bei Aumühle oder in der Grander Heide.
Zu den größten Luftangriffen des Krieges in Hamburg gehörte die Luftschlacht um Hamburg, die im Juli des Jahres
1943 stattfand. An drei Tagen, dem 26., 27. und 28. Juli, griffen über 1.000 Bomber B 52 ohne Unterbrechung die
Stadt an. Ganze Stadtteile wurden dem Erboden gleichgemacht. 43.000 Tote hatte Hamburg in diesen Tagen zu beklagen.
Zu diesen Einsätzen wurden Feuerwehren aus Berlin, Bremen, Hannover, Rostock und aus ganz Schleswig-Holstein
zusammengezogen, um dem Feuersturm entgegenzutreten. Die Engländer sahen dieses als Vergeltungsschlag für die
Zerstörung deutscher Luftangriffe auf London und Coventry.
Als sich das Ende des Krieges abzeichnete, griff man noch einmal zu Mitteln, die zuvor ungebräuchlich waren.
Man verpflichtete Fremdarbeiter, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter für den Feuerwehreinsatz und machte
erstaunlicherweise mit den meisten gute Erfolge. Auch die Deutsche Jugend, die noch nicht zur Wehrmacht brauchte,
wurde in HJ Einheiten zur Brandbekämpfung eingesetzt.
Im Mai 1945 endete der zweite Weltkrieg. Die Siegermächte verlangten eine bedingungslose Kapitulation.
Die Feuerwehren wurden von der Entnazifizierung stark betroffen. Führende Feuerwehroffiziere der Berufsfeuerwehr
wurden aufgrund ihrer Zugehörigkeit der Partei teilweise entlassen, interniert oder beurlaubt, bis nachgewiesen
werden konnte, dass sie sich nicht an Kriegsverbrechen beteiligt hatten.
Für viele Kameraden, die in den langen Jahren des Krieges in der Feuerwehr ihren Dienst verrichteten, brach eine
Welt zusammen. Sie hatten unter Einsatz ihres Lebens viele Hamburger Bürgern vor dem Tode bewahrt. Die
Besatzungsmacht, die hier in Norddeutschland von den Engländern ausgeübt wurde, begann damit, die Feuerwehren
wieder neu, nach demokratischem Vorbild, zu organisieren. Es war ein schwerer und langer Weg, der hier zu
überwinden war.
Die Besatzer hatten großes Interesse daran, so schnell wie möglich für Sicherheit zu sorgen. Ein Privileg, das
sich schon Napoleon auf dem Weg nach Russland zu nutze machte.
Besonders schwer war der Wiederaufbau der Berufswehren. Kaum Personal, Fahrzeuge veraltert, Feuerwachen zerstört.
Bei den freiwilligen sah es nicht viel anders aus, noch sind Kameraden nicht aus der Gefangenschaft zurückgekehrt.
Fahrzeuge so weit vorhanden in einen desolaten Zustand. Keiner hatte den Mut, in der ersten Zeit wieder eine
Uniform zu tragen.
Verantwortung zu übernehmen war schwer zu vermitteln. Auflagen von den Siegermächten wollte man nicht so recht
akzeptieren. Sie verlangten keine Aufnahme von Personen, welche die Nazipartei aktiv unterstützt hatten, dieses
abzuschätzen, war nicht leicht, da ja fast jeder Bürger in der Partei Mitglied sein musste. Ältere Kameraden,
die während des Krieges bei der Berufswehr rekrutiert waren, überzeugte man von der Notwendigkeit, wieder
freiwillige Wehren aufzubauen oder sogar neu zu Gründen. Es nahm nur langsam Gestalt an. Man wollte nach
Möglichkeit die Wehren in eine Selbständigkeit führen. Dieses konnte nicht, nach so kurzer Zeit einer Diktatur,
gut gehen. Auch Probleme mit Ausrüstungsgegenständen, Uniformen, Unterkünften, sowie mit der Alarmierung waren
zu überwinden.
Die Zusammenarbeit mit der Berufswehr hatte in den ersten Jahren nach dem Kriege so seine Schwierigkeiten.
Die Berufswehr übernahm die Führungsrolle. Dieses führte in der ersten Zeit oft zu Unstimmigkeiten mit den
Freiwilligen. Aber auch diese Schwierigkeiten gehörten bald der Vergangenheit an.
Es gab einen Anfang mit ca. 40 Wehren in der Stadt. Doch schon 1947/1948 begann man mit der Ausbildung von
Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren in Hamburg. Es fand erstmalig ein 14tägiger Lehrgang an einer der
Hamburger Feuerwachen statt. Übernachtungen an den Wachen wurden durchgeführt, um den Teilnehmern die Gelegenheit
zu geben, um 17 Uhr nach Dienstschluss, noch an Theaterwachen teilnehmen zu können.
Auch das Ausrücken mit dem Rettungswagen wurde angeboten. Am Tage rückte der ganze Lehrgang bei Einsätzen des
Zuges mit aus. Da alle Kameraden aus der ganzen Stadt und den Landgebieten kamen, lernte man sich schnell kennen.
Das war ein großer Vorteil, bei späteren Einsätzen. So zum Beispiel bei den Sturmfluten, dort traf man immer
wieder Kameraden, die man von Lehrgängen kannte. So war eine tolle Zusammenarbeit garantiert. Nach und nach
schweißten sich die freiwilligen zu einer Freiwilligen Feuerwehr Hamburg zusammen.
Bei der Berufswehr wurde für die FF eine eigene Geschäftsstelle erstellt. So führte man die freiwilligen in
die Selbständigkeit. Die Stelle eines Landesbereichsführers wurde geschaffen, der nicht nur uns bei den
Hamburgern Behörden vertrat, auch in den Nachbarländern wie Niedersachen und Schleswig-Holstein wurde er gern gesehen.
In den 50iger Jahren wurden die ersten Neubauten von Feuerwehrhäusern in Auftrag gegeben, sie wurden für
Gruppenwehren ausgerichtet. Stellplatz für ein Fahrzeug und ein Unterrichtsraum. Ein großer Schritt in die
richtige Richtung, wenn man bedenkt das der zweite Weltkrieg erst seit fünf Jahren beendete war, und die ganze
Stadt immer noch nicht von den Trümmern befreit war.
Bei den ersten Nah-Ost Konflikten in den drauffolgenden Jahren, wurde von der Bevölkerung und auch bald der
Politik die Frage gestellt, was wäre wenn wieder eine kriegerische Auseinandersetzung bevorstehen würde. Ein
Katastrophenschutz sollte zügig aufgebaut werden. Das hieß mehr Fahrzeuge mehr Mannschaften, größere Fahrzeughallen.
Die Freiwilligen sollten hier eine Führungsrolle übernehmen, und das bedeutete mehr Ausbildungsplätze.
Die Aufstockungen der Wehren war nun von 20 auf 30 Mann und eine Reserveabteilung durfte nochmals 15 Mann betragen.
Dieses alles war nur zu erreichen, wenn man für junge Kameraden eine Befreiung vom Wehrdienst erhielt. Fahrzeuge,
die vom Bund in Auftrag gegeben wurden, konnten in den nächsten Jahren ausgeliefert werden. Es handelte sich um
Bergungsfahrzeuge, Löschfahrzeuge, Funkfahrzeuge und ABC Züge.
Ihre erste Bewährungsprobe bestanden die allradgetriebenen Fahrzeuge bei den Sturmfluten und in Niedersachsen
bei den größten Waldbränden nach dem Kriege.
Die Demokratisierung hatte sich in den letzten Jahren durchgesetzt. Es war möglich, durch den Nachwuchs von
Jungen Leuten und das Ausscheiden der Kriegsgeneration. Die Neuzugänge von jungen Leuten erwiesen sich bald
als sehr kritisch und machten alles von einer Diskussion abhängig. Dieses bedeutete, dass sie sich nicht so
ohne weiteres dem Führungspersonal unterwerfen wollten. Eine Folge, da alle Führungspositionen durch eine Wahl
entschieden werden mussten und es hier oft zu sehr unterschiedlichen Meinungen kam.
Oft erwies sich so ein gewähltes Mandat als eine falsche Entscheidung, und es mussten immer wieder Neuwahlen
stattfinden. Am meisten davon betroffen war der Posten des Wehrführers, etliche hielten nicht einmal eine
Wahlperiode durch, auch waren immer weniger Kameraden bereit Verantwortung zu übernehmen. Es war nicht gerade
ermutigend.
Auch der Zustrom von Studenten brachte Probleme mit sich. Die Wehren bestanden in den vorhergehenden Jahren
größtenteils aus Handwerkern; daher musste sich jetzt die Ausbildung dieser Kameraden auf dem technischen und
handwerklichen Gebiet erweitern. Der Ausbildungsstand in den Wehren hat sich in den Jahren wesentlich verbessert
und ist sehr erweitert worden. Dieses war sehr zu begrüßen.
Die Einsatzzahlen stiegen ständig, die Anforderungen wurden größer und es führte dazu, dass die Berufswehr, die
ständig überfordert wurde, entlastet werden musste. Personalnot bei der BF und leere Kassen der Stadt, waren die
Folge der hohen Einsatzzahlen bei den Freiwilligen Wehren. Einsatzzahlen bis zu 300 waren nicht selten. Auch das
hatte Nachteile. Die Wehren waren überfordert und es war für die FF nicht mehr zumutbar, zumal es sich um Einsätze
handelt, die in den Nachtstunden stattfanden.
Oft handelte es sich um brennende Müllcontainer. Dafür wurde eine ganze Wehr von über 20 Mann alarmiert, hier
hätte eine kleine Mannschaft ihr nötiges tun könnte. Aber die Funkmelder waren dafür nicht geeignet. Man muss
auch bedenken, dass die Kameradinnen und Kameraden am nächsten Morgen wieder auf ihrem Arbeitsplatz erscheinen
müssen.
Die Folge war, dass solche Aufgaben, die für die Feuerwehren selbstverständlich sind, nicht ernst genommen wurden
und die Teilnahme an solchen Einsätzen mit billigen Ausreden nicht wahr genommen wurden. Nicht schön, aber auch
oft verständlich. Leider haben die Arbeitgeber für das Fernbleiben von der Arbeit auch nicht das nötige Verständnis.
Aber auch hier muss man des Arbeitgebers Unmut verstehen. Leider ist es oft so, dass die größten Firmen die meisten
Schwierigkeiten machten. Dagegen haben kleine Familienbetriebe mehr Einsehen, und machen den Feuerwehrleuten keine
Schwierigkeiten.
Auch bei den Verdienstausfällen ist es dort kein Problem. Die Anforderungen, die man heute an einen Feuerwehrmann
oder Frau stellt, sind enorm hoch. Körperliche Belastung, durch Tragen von Atemschutzgeräten, oder Retten von
Personen aus schwierigen Lagen, erfordert höchste Anstrengungen.
Im Gegensatz zum demokratischen Westen Deutschlands, entwickelte sich in der Sowjetischen Zone eine diktatorische
Regierung, die das Leben der Feuerwehren bestimmte. Man konnte dieses System mit dem des Dritten Reiches vergleichen.
Auch von der Politik beeinflusst und nach militärischen Richtlinien ausgerichtet.
Dieses wurde nach der Wiedervereinigung von Ost und West im Jahre 1990 geändert und man fing an, auch hier die
Feuerwehren auf dem Weg zur Demokratie zu begleiten.
Fahrzeuge, aus den Beständen aus Westdeutschland, wurden den Wehren bereitgestellt, um die überalterten
Löschfahrzeuge auszutauschen. Es wurden nach langer Zeit wieder Kontakte mit den Wehren aufgenommen, die fast
Vierzig Jahre unterbunden waren. Auch Verbindungen zu Feuerwehren aus den Ostblockstaaten, die sich dem Westen
geöffnet hatten, wurden neu belebt mit großem Erfolg wie man es von Feuerwehren her gewohnt war. So nahm die
Demokratisierung der Feuerwehren, nach langen Jahren, einen guten Verlauf.
Verfasser & ©: Uwe Wulf, Wehrführer a.D. FF Öjendorf
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